Endzeitstimmung in Valdanos

Die ehemalige Hochglanz-Urlaubsanlage des jugoslawischen Militärs in der Meeresbucht Valdanos im Süden Montenegros ist ein Paradebeispiel für den Untergang des Hurra-Kommunismus – und bietet einen düsteren Ausblick darauf, wie es in vielen Feriensiedlungen an den Küsten Europas nach dem Ende des Hurra-Kapitalismus aussehen wird.

Macht mit mir einen Rundgang durch die Gebäude und Anlagen der Ruinen des in den 1980er Jahren erbauten Urlaubskomplexes.

Wie uns der serbische Wikipedia-Eintrag zu Valdanos aufklärt, wurde die windgeschützte Meeresbucht bereits im Mittelalter von Piraten genutzt und war Schauplatz vieler Seeschlachten. Ende der 1970er Jahre beschlagnahmte das jugoslawische Militär die Bucht und die angrenzenden Olivenhaine von der ansässigen Bevölkerung und errichtete ein offenes Militärresort mit zwei exklusiven Privatvillen, 29 Maisonetten, einem Wohnwagenpark, Fertighäusern auf den umliegenden Hügeln mit Blick auf die Bucht und einen Swimmingpool. Innerhalb des Komplexes gab es auch einen Supermarkt, eine Konditorei und ein Restaurant. 1983 wurde die Ferienanlage eröffnet. Im Internet findet man noch das eine oder andere Bild aus dieser Zeit.

Von der Rezeption und einem Hinweisschild zur Orientierung gelangen wir zu den ersten Bungalows.

Eine Tafel sowie das Vorhandensein solarthermischer Anlagen bestätigen den im Wikipedia-Eintrag angegebenen Zeitraum der Errichtung.

Ein Blick in die Innenräume lässt kaum noch erahnen, wie luxuriös die Ausstattung vor gerade einmal drei Jahrzehnten gewesen sein muss. Wie viele junge Paare haben hier ihren Jahresurlaub verbracht? Wie viele Kinder wurden hier wohl gezeugt?

Es geht weiter zu den sanitären Einrichtungen.

Es ist kaum zu glauben, welch kurze Zeit der Vernachlässigung ausreicht, um aus funktionalen und gut ausgebauten Gebäuden eine heruntergekommene Ruine werden zu lassen.

Auf einem Weg, dessen Kanaldeckel geplündert wurden, gelangt man in das gesellschaftliche Zentrum der Anlage.

Hier findet sich ein Postgebäude sowie der Eingang zum Restaurant mit seinen üppigen Außenanlagen.

In den Innenräumen des Restaurants ist ausreichend Platz für weit mehr als 100 Gäste. Heute beherbergen die Örtlichkeiten hauptsächlich aufdringliche Mückenschwaden.

Auch die Küche lässt erahnen, welche Massen an Menschen hier einst verköstigt wurden. Jetzt fehlen hier eigentlich nur noch Zombies, und man käme sich vor wie in einem Endzeitfilm.

Manche Szenen sehen aus, als entstammten sie Computerspielen wie Half Life, Fallout oder Portal.

Über eine vom Einsturz bedrohte Wendeltreppe steigt man hinab zum Strand. Auch dort machen die Einrichtungen keinen regelmäßig gewarteten Eindruck.

Wenige Hinweise deuten darauf hin, dass der Ort auch in der postkommunistischen Zeit noch als Urlaubsdomizil genutzt wurde.

Als i-Tüpfelchen kommt zu alledem hinzu, dass diejenigen Besucher, die den Strand noch frequentieren, ein gespaltenes Verhältnis zur Müllentsorgung besitzen.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Piktogramme der Verbotsschilder mehrdeutig sind.

2 Responses

  • Hallo Karsten!

    Ein Nebensatz von Dir geht mir seit Tagen durch den Kopf:

    „[…] und bietet einen düsteren Ausblick darauf, wie es in vielen Feriensiedlungen an den Küsten Europas nach dem Ende des Hurra-Kapitalismus aussehen wird.“

    Mich würde sehr interssieren, wie Du dazu kommst, das zu denken. Kann es sein, dass es nur reflexartig gedacht und geschrieben wurde?

    Ich sehe nämlich momentan nur den Westen – insbesondere den europäischen – durch seine Irrungen und Wirrungen (Corona, Ukraine, Energie, Klima etc.) untergehen, aber noch lange, lange nicht den Kapitalismus.
    Und selbst wenn, sollte es uns nach dem Ende des Kapitalismus nicht sehr viel besser gehen?

    Da wir ja selbst gerade an der dalmatinischen Adriaküste auf der Insel Lošinj sind und mir selbst hier oben sehr viel verkommender Leerstand aufgefallen ist, frage ich mich, warum immer neue Bauprojekte zugelassen werden und zwischendrin immer wieder Gebäude und Gebäudekomplexe verwahrlosen und komplett verfallen. Ja, sicher ist das auch eine politische Frage, aber eben nicht nur. Warum werden alte Hotels aufgegeben, wenn nebenan schon wieder ein neues gebaut wird? Ist das wirklich nur eine Mentalitätsfrage? Was ist es dann?

    Das sind so die kleinen und großen Rätsel, die mich gerade beschäftigen.

    Vielleicht hast Du gute Antworten.

    Viele Grüße

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